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Neues Verpackungsgesetz

Am 14.02.2023 von Emil Löxkes

Wie Krankenhäuser die Mehrwegpflicht lösen

Nachhaltigkeit wurde in den letzten Jahren immer wichtiger. Nun wurde sie von staatlicher Seite sogar verordnet. Krankenhaus-Cafeterien und -Bistros müssen seit Januar 2023 auch Mehrwegverpackungen anbieten. Welche Kliniken nutzen welche Mehrwegsysteme und wie ist die Umstellung gelungen?Bei den Helios Kliniken ist das Mehrwegsystem von Relevo im Einsatz. Das Unternehmen bietet Glas- und Kunststoffgeschirr an.

Abfallvermeidung und Klimaschutz stehen hoch im Kurs. Bereits seit Juli 2021 sind die Herstellung von und der Handel mit To-Go-Bechern und anderen Einwegprodukten aus Plastik und Styropor in der Gastronomie EU-weit verboten. Kein Wunder: immerhin überlebt ein To-Go-Kaffeebecher rund 50 Jahre, Plastikflaschen sogar 450 Jahre in der Natur. Mit der EU-Abfallrahmenrichtlinie wurden dagegen im Oktober 2020 bereits erste Weichen gestellt. Seit 2021 ist auch der vormals häufige Export von schwer recycelbarem Kunststoffmüll ins Ausland, z.B. nach China oder Südostasien, nicht mehr legal. Mit der Mehrwegpflicht seit 2023 sitzt nun der nächste Schritt für eine verstärkte Umweltschonung in den Startlöchern: Nach Beschluss der Änderung des Verpackungsgesetzes sind Restaurants, Caterer und Lieferdienste in Deutschland mit Wirkung seit 1. Januar verpflichtet, als Alternative zu Einwegbehältern Mehrwegsysteme für Take-Away-Essen und -Getränke anzubieten. Was für die bundesweite Gastronomie Pflicht ist, gilt natürlich auch für das gastronomische Angebot in Krankenhäusern.

Helios-Verbund: Umweltpauschale auf Einweggeschirr ab Mitte 2023

Tatsächlich wollten viele Kliniken und Klinikketten den Schritt ins nachhaltige Gastro-Management, unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung, schon früher gehen: Etliche haben in den letzten Jahren oder Monaten Mehrwertsysteme erprobt und eingeführt, darunter u.a. die Helios Kliniken. Nach dem Pilotprojekt am Standort Krefeld mit hoher Nutzerakzeptanz rollt Europas größter privater Krankenhausbetreiber das Mehrwegsystem jetzt im gesamten Verbund an allen 87 Klinik-Standorten aus. Eine Ausweitung auf die MVZ ist geplant.

„Mehrweggeschirr ist für uns keine Alibi-Veranstaltung, sondern wird ganzheitlich als Teil unseres Nachhaltigkeitskonzeptes ausgerollt“, erklärt Enrico Jensch, COO bei Helios mit Nachdruck: „Umfänglicher als wir müssen: Wir führen Mitte 2023 zusätzlich eine Umweltpauschale auf Einweggeschirr ein.“ Der Klinikverbund will so weitere Anreize zur Nutzung des Mehrweggeschirrs schaffen.

Die einzige Ausnahme für die neue gesetzliche Bestimmung bilden derzeit kleine Imbisse und Gastronomien mit einer Verkaufsfläche von unter 80 qm und weniger als fünf Beschäftigten. Diese dürfen ihre Getränke und Lebensmittel auch in kundenseitig mitgebrachte Behälter abfüllen und müssen diese Möglichkeit, so die Vorgabe, explizit deklarieren.

Etablierte Partner erleichtern die Einführung von Mehrweggeschirr

Um die gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen und so einen Beitrag zu Müllreduktion, Ressourcenschonung und Klimaschutz zu leisten, setzen die Kliniken auf die Zusammenarbeit mit am Markt etablierten Mehrweg-Anbietern wie Relevo, Pfabo, Rebowl und Vytal. Viele der Mehrwegprodukte, zumeist aus dem sortenrein recycelbaren Material Polypropylen, sind zwischen 200- zu 1000-fach wiederverwendbar. Auch Glas-Mehrwegprodukte sind zunehmend häufig im Umlauf und gelten als „neuer Stern“ unter möglichem Mehrweggeschirr, wie Enrico Jensch von Helios berichtet. Sein Klinikverbund setzt mit Relevo auf den derzeit größten Anbieter unter den Mehrwegsystemen, der mehrere große Unternehmen in sein Netzwerk einbindet.

Die Rückgabe ist grundsätzlich bei allen Niederlassungen des Mehrweg-Partners möglich: je verbreiteter dieser ist, desto besser.

Das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung für ihren Partner war der Helios-Gruppe zufolge dessen hohe Reichweite: „Unsere Mitarbeiter und Patienten können jetzt überall, wo Relevo vertreten ist, Mehrweggeschirr bekommen und auch außerhalb der Kliniken wieder zurückgeben. Das wirkt sich positiv auf die Akzeptanz auf und macht den Aufwand für den Einzelnen umso kleiner“, erläutert der COO.

Barcode-Scanning für eine reibungslose Ausleihe

Doch wie funktioniert das Prozedere? Bei den Helios-Kliniken ist das Ausleih- und Rückgabesystem denkbar reibungslos: Die Klinik befüllt die Mehrwegschalen mit Essen, die der Kunde mittels QR-Code-Scanning an der Kasse kostenlos ausleiht. Nach dem Verzehr beenden Kunden die Ausleihe durch Rückgabe und erneutes Scannen des leeren Geschirrs. Danach erfolgen Reinigung und Neuausleihe. Die Vorteile für die Kliniken liegen auf der Hand: sie müssen weder in die Mehrkosten für die Bereitstellung des Mehrweggeschirrs investieren, da dieses vom Partner bereitgestellt wird, noch haben Sie Kosten für digitale Endgeräte, da die ausleihenden Nutzer bereits über diese verfügen. Zudem sind die meisten Mehrwegsysteme modular für klinische Logistik ausgelegt, die Produkte entsprechend wärmeisolierend, mikrowellen- und gefrierschranktauglich. Da sich Mehrwegprodukte aus Polypropylen in Spülmaschinen reinigen lassen, können Kliniken ihre hygienischen Standards weiterhin gut einhalten.

Aufwand und Kosten im Vergleich

Pay-per-Use ist der Standard für Mehrwegbehälter in den meisten Kliniken: Die Ausleihpreise für Mehrwegbecher und Pfandboxen bewegen sich je nach Produkt zwischen ein bis fünf Euro. Bei einigen Ausleihsystemen, wie z.B. Vytal oder Relevo in den Helios-Kliniken, fallen für die Nutzer jedoch zusätzliche Gebühren an, wenn Mehrwegprodukte nicht innerhalb von 14 Tagen zurückgegeben werden. Dadurch erhoffen sich die Kliniken eine höhere Rückgabequote.

Auch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) bietet seit Dezember 2022 an den Standorten Lübeck und Kiel kostenloses Mehrweggeschirr über den Partner Vytal an. Die Ausleihe und Rückgabe erfolgt komplett digital mittels QR-Code-Scanning und ist für Besucher wie Mitarbeiter gleichermaßen nutzbar. „Wir hoffen durch die Akzeptanz des Systems, die einfache Handhabung und das kostenfreie Ausleihen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können“, so Petra Nissen vom Service Stern Nord, der Servicegesellschaft des UKSH. Der RoMed-Klinikverbund wiederum setzt bereits seit 2019 in einzelnen Häusern Recup-Becher ein, ab 2023 im gesamten Verbund und zunehmend auch Rebowls, wiederverwendbare Schalen desselben Mehrweg-Systems.

Erste Zahlen: Kosten- und Müllreduktion

Das Pfandsystem Recup ist auch an der Universitätsmedizin Rostock im Einsatz. Durch ihr Mehrwegsystem spart die Klinik seitdem viel Einweg-Müll ein: rund 600 Menüboxen und 1200 Kaffeebecher pro Monat. Dafür erhält die Klinik sogar städtische Zuschüsse.

Auch bei Helios sprechen die Zahlen für sich: „Wir haben jährlich bisher rund 300 000 Euro für den Einkauf von Einweggeschirr ausgegeben, was wir nun nicht mehr tun. Auch die Entsorgung entfällt ab sofort“, teilt der Krankenhausbetreiber mit. Die Umstellung soll zum Jahresbeginn 2023 an allen Standorten mit eigener Cafeteria abgeschlossen sein.

Für andere Krankenhäuser steht die Evaluation des Nutzens noch aus: Die Vivantes-Bistros, die seit 2022 auf den Partner Pfabo setzen, sparen nach eigener Schätzung durch die Mehrwegboxen pro Jahr zukünftig etwa 30 000 Verpackungen und 100 000 Kaffee-to-go-Becher ein, so die Prognose im Oktober. Wieviel Kosten und Müll genau eingespart werden, soll die abschließende Bewertung bei Vivantes erst noch zeigen.

Anbieter Mehrwegsysteme

Es gibt in der Zwischenzeit mehrere Anbieter von Mehrwegsystemen in Deutschland. Am weitesten verbreitet sind

  • Recup/Rebowl
  • Relevo
  • Vytal
  • Pfabo
  • Recircle
  • Tiffin Loop

Quelle: kma-online.de